Es war einmal im AKH

Es war einmal im AKH...

Im HNO-OP Schlag acht,
liegt ein Patient der schläft,
ein Anästhesist der wacht.
Der Raum sonst leer, die Zeit verfließt,
der Doktor Schramm langsam verdrießt.

Inzwischen sind sie schon zu zweit,
die Schwester wäre auch bereit
und der Patient, der wartet intubiert,
auf den, der's Messer führt.

Die Sonne steigt den Himmel hoch,
der Doktor Schramm, der denkt sich noch:
Hätt' ich den Kaffee doch noch genossen,
so wär'ich jetzt nicht so verdrossen.

OP

Das Dumme ist, wie alle wissen:
Bleibst du zu lange in den Kissen
und beginnst nicht um halb acht,
so kannst du sicher sein es kracht.

Und während man dahin sinniert,
der eine ruhig, da intubiert
und alles wartet auf die Schlacht,
so wird es langsam zehn nach acht.

Ein Murren geht jetzt durch's Spalier,
die volle Mannschaft wären vier,
doch ein Chirurg nicht zu erkennen,
noch kann man seinen Namen nennen.

Gar oft muss die Narkose hören,
so kann es die HNO beschwören:
Auf euch, da muss man immer warten,
bis das OP-Programm kann starten.

Doch diesmal ist's halt umgekehrt,
und deshalb auch noch ungeklärt,
wer den Patienten, der da lag,
auch wirklich operieren mag.

Der Doktor Schramm, welch schlechte Sitte,
platzt schließlich in die Chefvisite,
worauf dieselbe konstatiert:
Entsetzlich, wie der Schramm sich ziert!

Die Frage, wer denn operiert,
hat sich dort nicht klären lassen.
Man gibt sich wütend - konsterniert:
Am besten ist's den Schramm allein zu lassen.

Wie kann man diesen Schramm bekehren,
und wenn nicht das, zumindest Mores lehren,
denn eines ist des Menschen Pflicht:
Er störe die Visite nicht!

Weil die Verwirrung schrecklich groß,
und keiner weiß, was ist hier los,
wird visitiert? - oder nicht?
Nur operieren: Noch in ferner Sicht.

Was soll man tun? Es ist nicht einerlei:
Sein Oberarzt, der muss herbei.
Drum sollte man zu diesem laufen,
soll der sich mit dem Schramm doch raufen.

Denn schrecklich böse Eigenschaften
an diesem Buben scheinbar haften.
So war der Wirbel furchtbar groß,
den Doktor Schramm, den war man los.

Und eines, das ist sonnenklar,
die Schuld kriegt der, der's immer war:
Der Böse schließlich immer ist:
Doch einer nur: Der Anästhesist.

         Wolfgang Schramm, 1990

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